Regine Spangenthal

ArbeitsText 2016

Frage und Behauptung

Das Malen verstehe ich als Prozess. In diesem Prozess gehe ich der Frage von Identität nach. Ist Identität als ein sich in Bewegung befindliches, ständig Andere zu verstehen?

Beschreibung

Der Bildrahmen ist die physische Abgrenzung des Bildobjektes nach außen. Deutlich abgesetzt nach innen, eröffne ich das Bildfeld: Farbe ziehe ich in unterschiedlichen Modi innerhalb einer vertikalen Bahn über dieses Feld. Phasen dieses Farbverlaufs nehme ich in einer angrenzenden Bahn auf und formuliere sie ein zweites Mal: vergrößere oder komprimiere, dehne oder zerschneide sie.
Zu dem einen Farbverlauf setze ich einen anderen, nicht zu ähnlich, als dass zwischen ihnen keine Spannung bestehen und nicht zu fern, dass zwischen beiden keine Beziehung entstehen könnte. Das Eine gerät durch das Andere in Bewegung, wird instabil, nimmt Bezug auf zum Anderen – in dieser Spannung zwischen wiederholt und different bewegt sich meine Suche .
Durch die Bahnen wird das Bildfeld geteilt. Zugleich erscheint es dadurch vergrößert. An den Schnittkanten der Bahnen bleibt die farbige oder weiße Grundierung sichtbar. Sie bindet das Gemalte an den Bildgrund und hebt es zugleich davon ab. Die übereinander gelegten Schichten sind, deutlich gesetzt, sichtbar und bilden mit den darunter stehengelassenen Flächen unterschiedliche Räumlichkeiten. Der Malprozess bleibt transparent, lesbar. Aus zeitlichem Nacheinander entsteht räumliches Nebeneinander.

Mit meinen neuen Bildern ist dieser Prozess auf mehrteilige Konstellationen ausgedehnt. Die Bilder sind so auf der Wand platziert, dass die Bahnschnitte eines Bildes, in ihrer jeweiligen Position auf der Wand, Bezug nehmen zum nächsten Bild. Die Bildkonstellation strukturiert, über das einzelne Bild hinaus, mit einem intern durchlaufenden Maß die Wand, an der die Bilder hängen. Das Innenmaß wird zum Außenmaß. Die Zwischenräume zwischen den Bildern tragen dieses Maß indirekt mit und veranlassen zudem einzelne Bildhälften unterschiedlicher Bilder, über eine Distanz hinweg, miteinander Beziehung aufzunehmen.

Regine Spangenthal, Berlin März/September 2016